2015 Kunstkasten Lindli Schaffhausen
2018.11.23 Museum zu Allerheiligen Schaffhausen
mit Intervention Yves Netzhammer
"... Aus den siebziger Jahren sind vor allem Zeichnungen, auch Druckgrafiken erhalten. Allfällige Gemälde wurden zerstört. Von „Reinigungen“ spricht Erich Brändle, was dem unbedarften Zuhörer wie nach Züchtigung und Selbstkasteiung klingt, weil die fragile Balance so sehr gewollt war, wie sie sich nicht erzwingen liess."
"Zunächst einmal suchte Erich Brändle dieses neue Verfahren in Arbeiten auf Papier für sich zu klären. Sprechend ist dafür die frühe Radierung „1966 Ocean I“. Der Künstler erinnert sich darin an jenen um Jahre zurückliegenden Aufenthalt in England ... bei dem er erstmals das Meer sah. In seiner bildnerischen Umsetzung hat der Künstler sich nun jedes Pathos verwehrt und auf ein Minimum an Interventionen beschränkt. Der Raum wird durch eine einfache Horizontale chiffrenhaft angedeutet, das Firmament mit einer bogenförmigen Linie umfangen, die nahe an den Rändern des Papiers die Weite einzugrenzen, dem Betrachter Halt zu geben, das Auge zu leiten sucht, während im unteren Teil aufeinander zu laufende Diagonalen in die Ferne, zum Horizont führen. Das gerade einmal handtellergrosse Blatt vermittelt Grenzenlosigkeit und Geborgenheit zugleich, der Raum wird eigentlich nicht mehr fassbar. Dazu nutzt die Radierung auch vorhandene Kratzer der Platte, die wie Schnitte und Risse wirken, welche die materielle Beschaffenheit dieses Raumes weiter verunklären. Eine vergleichbare Vagheit stellt ein Blumenstrauss her, der zwei Jahre später zwischen der leichten Andeutung einer Umgebung und der Leere der weissen Fläche zu schweben scheint. Und 1969 erkundet der Künstler mit einer Linienarabeske kubischer Gebilde die tektonische Struktur der Landschaft von Salins-les-Bains ... Dass das Sujet zu einer flächenhaften Form zurückgenommen werden wird, deutet das Blatt „1976.43 Glas II“ an: Das Gefäss ist ohne jeden perspektivischen Anspruch in der Ansicht vor eine schraffierte Fläche gesetzt. Diese hebt sich in ihren Rundungen so deutlich vom Format des Blattes ab, dass der Anspruch, selbst Fläche zu sein und zu hinterfragen, was einen Bildgrund, was eine Figur denn ausmache, unübersehbar wird ..."
(Gerhard Mack: aus ungekürztem Originaltext Affekt und Assoziation Erich Brändle als Maler unserer Zeit zur Ausstellung Erich Brändle Retrospektive, Kunstverein Schaffhausen in der Galerie Mera, Schaffhausen 2013)